Wohnseifers Verneigung vor Völler

Stern des Westens

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen Gebrauchtwagen und stellen beim Blick in den Fahrzeugbrief fest: Dieses Auto war vorher auf einen gewissen Rudolf Völler in Leverkusen zugelassen.

Da es sich beim Käufer um den Berliner Galeristen Johann König handelte, konnte die Geschichte nicht ohne Folgen bleiben. König bot den Wagen nach einer Weile dem Künstler Johannes Wohnseifer an, und der ging mit der Kamera auf Spurensuche. Er fotografierte seinen Mercedes (eine E-Klasse) durch, als handele es sich um ein wertvolles Designobjekt oder Interieur – und das ist es ja im Prinzip auch. Die kühle Reduziertheit des Warnblinkschalters, der Mercedes-Stern im Abendlicht, das funktionale Design der Stereoanlage (Baujahr 1996, noch mit Kassettendeck!), die Gebrauchsspuren am Zündschlüssel, der Motorblock, der Hebel für den Scheibenwischer.

Er begreife, sagt der Künstler, das Auto auch als eine Erweiterung seines eigenen Arbeitsplatzes. Einmal spiegelt sich das Brüsseler Atomium in der Kühlerhaube, einmal hat sich Schnee im Kühlergrill gesammelt.

Die fast zärtlichen Fotografien hat er jetzt in seinem Künstlerbuch „Teile“ zusammengestellt, das ohne Text auskommt, aber natürlich nicht ohne die heimliche Hauptfigur: Rudi Völler, Spieler- und Trainerlegende, im lebensgroßen Starschnitt (aus seiner Zeit beim AS Rom, wie das Trikot verrät). Ein einziger Irritationsmoment: der Zipfel eines roten Fußballschals mit deutlich erkennbarem Geißbock auf einem der Fotos. Doch das ist Wohnseifers künstlerische Freiheit: mit seiner E-Klasse zu den Spielen seines Vereins, des 1. FC Köln, zu fahren. Auch wenn Rudi Völler da nie gespielt hat.

Johannes Wohnseifer „Teile“, Verlag Walther König, 112 Seiten, 32 Euro. Eine Vorzugsausgabe gibt es inklusive Völler-Autogrammkarte und Mercedes-Stern