Stations – Meisterwerke zeitgenössischer Kunst

3sat und Monopol haben Ikonen der vergangenen 20 Jahre ausgewählt, alle 14 Tage werden sie mittwochs in der Sendung „Kulturzeit“ vorgestellt. Kuratiert wurde diese Fernsehgalerie von Silke Hohmann und Oliver Koerner von Gustorf, in Szene gesetzt von 3sat-Autoren. Parallel zur Serie erschien bei DuMont das Buch mit „100 Meisterwerken der Gegenwart“, herausgegeben von Amélie von Heyde breck. Auf einer beigelegten DVD sind neun der ersten Folgen noch einmal zu sehen.

 

Mythen, Monstren, Mutationen

In den neuen „Stations“-Folgen dreht sich alles um unheimliche Szenerien: eine kriegspolitische Kulisse, die Thomas Demand rekonstruierte, Gregor Schneiders „Totes Haus u r“ und ein Abschieds­­zimmer von Jonathan Meese.

Thomas Demand interessiert sich für Tat­orte. Schauplätze von Ereignissen, die man aus den Medien kennt. Er baut sie aus Pappe nach, lässt die Handelnden weg, denn die Handlung selbst liefert die Erinnerung des Betrachters dazu. Bei „Embassy I“ (2007) aus der Serie „Yellowcake“ war es andersherum: Es gab den Vorfall, aber keine Bilder und kein Gedächtnis. Die Arbeit spielt auf einen Einbruch in die römische Botschaft des Niger im Jahr 2003 an. US-Präsident Bush legte wenig später Geheimdienstdokumente vor, die beweisen sollten, dass Saddam Hussein versucht hatte, im Niger Uran zu kaufen: die Legitimation für den Irakkrieg. Die Papiere waren gefälscht, die Gründe für den Einmarsch damit ebenso. Demand drang für „Embassy I“ in die Botschaft vor, baute die Szenerie dann aus dem Gedächtnis nach, fotografierte und zerstörte sie – seine übliche Arbeitsmethode.
Um Manipulationen und psychologisch aufgeladene Orte geht es auch in Gregor Schneiders preisgekröntem Venedig-Biennale-Beitrag „Totes Haus u r“. Zwischen 1985 und 2007 baute er sein Elternhaus in Mönchengladbach-Rheydt um: Neue Wände wurden vor alte gestellt, Räume in Räume gesetzt, Tageslicht an Stellen simuliert, wo niemals welches hinkam. Schneider spielte mit der Vorahnung, was dahinter, darüber, darunter, daneben sein könnte. Wer vor sieben Jahren in dieses Gebäude im deutschen Pavillon trat, kam physisch erschöpft wieder heraus. Das „Tote Haus u r“ nimmt dem Besucher jede Orientierung, das monströse Unsichtbare wird zur eigentlichen Last der Erfahrung.
Eine Erinnerungshöhle ganz anderer Art errichtete Jonathan Meese 2004 in seiner Installation „Der Vaterraum Daddy“. Ein Sammler hatte ihm die Hinterlassenschaft seines Vaters angeboten, auf dass daraus Kunst würde. Dieses Archiv des vergangenen Jahrhunderts wurde bei Meese zu einer Kammer aus Bildern und Worten, die ein pubertäres Jugendzimmer zu sein scheint. Bei näherer Betrachtung ist es ein Raum für Heldenverehrung und Geisteraustreibung zugleich.