Ende eines Raubkunst-Streits

Stadt Köln gibt Kokoschka-Bild an Flechtheim-Erben zurück

Köln (dpa) - Für das Kölner Museum Ludwig ist es ein schmerzlicher Verlust, im heiklen Umgang mit Nazi-Raubkunst möglicherweise eine richtungsweisende Entscheidung. Noch in dieser Woche will die Stadt Köln das Gemälde «Portrait Tilla Durieux» des österreichischen Malers Oskar Kokoschka an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim zurückgeben. Die Flechtheim-Erben fordern die Restitution weiterer Kunstwerke aus deutschen Museen, etwa 35 Bilder hält ihr Anwalt Markus Stötzel für «Verdachtsfälle».

«Selbstverständlich respektieren wir den Willen der Erbengemeinschaft, auch wenn wir es sehr bedauern, uns von solch einem wichtigen Werk unserer Sammlung zu trennen», kommentierte der Direktor des Museums Ludwig, Philipp Kaiser, die Entscheidung der Stadt. Das Kokoschka-Bild, dessen Wert auf rund drei Millionen Euro geschätzt wird, gehörte seit der Gründung des Museums Mitte der 70er Jahre zur Dauerpräsentation des Hauses.

Die Stadt folgt mit der Rückgabe der Empfehlung der beratenden Kommission zur NS-Raubkunst. Das 1910 entstandene Gemälde hatte der Kölner Sammler Josef Haubrich 1934 bei Flechtheims früherem Geschäftsführer Alexander Vömel gekauft. 1946 überließ es Haubrich seiner Heimatstadt Köln. Die Geschichte des Bildes ist nach Ansicht der Schlichtungskommission nicht mehr lückenlos zu klären. Es sei aber davon auszugehen, dass Flechtheim als Verfolgter des NS-Regimes gezwungen war, das Kunstwerk abzugeben.

Der Großneffe Flechtheims, Michael Hulton, fordert auch das Bild «Federpflanze» von Paul Klee sowie ein kubistisches Stillleben von Juan Gris von der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf zurück. Auch das dort ausgestellte Bild «Die Nacht» von Max Beckmann ist im Visier der Erben. In den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen hat Flechtheim-Anwalt Stötzel gleich sechs Werke Beckmanns im Blick.

Kunstsammlungschefin Marion Ackermann hatte sich Ende 2012 offen gezeigt, die beratende Kommission einzuschalten. Denn trotz jahrelanger Recherchen konnten Provenienz-Forscher die Rechtslage bei der «Federpflanze» nicht eindeutig klären. Erschwert wird die Arbeit dadurch, dass wichtige Galerie-Archive geschlossen sind oder gar nicht mehr existieren.

Diese Fälle dürften noch schwieriger zu klären sein, als die Geschichte des Kokoschka-Bildes, um das vier Jahre lang gestritten worden war. Beim Durieux-Porträt ist klar, dass es Flechtheims Privatbesitz war. Bei einer Ausstellung 1931 in Mannheim war es nach Darstellung des Flechtheim-Biografen Ottfried Dascher ausdrücklich als dessen privater Besitz deklariert worden.

Die Flechtheim-Erben lehnen es nicht grundsätzlich ab, restituierte Bilder in den Museen zu lassen. Vor gut einem Jahr hatte das Kunstmuseum Bonn ein Bild des rheinischen Expressionisten Paul Adolf Seehaus zurückgegeben. Das Museum entschädigte die Erben, das Bild blieb da. Für das Kokoschka-Bild hatten sie eine solche Lösung schnell ausgeschlossen. Es gebe keine Veranlassung, nach der jahrelangen Auseinandersetzung im Nachhinein über eine andere Lösung zu verhandeln, hatten sie erklärt.