Ob Diadem oder Riesenmünze

Spektakulärer Kunstdiebstahl ist selten

Foto: LKA Baden-Württemberg
Foto: LKA Baden-Württemberg

Das Diadem aus Gold, Platin und 367 Brillanten gehörte der Großherzogin Hilda - und war zuletzt in einer Vitrine eines Karlsruher Museum. Doch daraus wurde das kostbare Stück gestohlen.

Ein brillantbesetztes Diadem verschwindet einfach aus einem Karlsruher Museum. Eine noch kostbarere Riesengoldmünze wird im März aus einem Berliner Museum gestohlen. So aufsehenerregend diese Fälle sind - sie sind selten

Eine Gruppe von Vorschulkindern flüstert vor der großen Vitrine. Sie schauen auf das darin ausgestellte Prunkgewand aus silber-gold besticktem Brokatsamt. Und sie starren auf eine Art Nachttisch, auf dem bis vor etwa zehn Tagen noch ein kostbares Diadem lag. Rahmen aus Gold und Platin, verziert mit 367 Brillanten, Wert 1,2 Millionen Euro, gestohlen aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe um den 29. April herum. Täter unbekannt.

"Das ist ein entsetzlicher Verlust", sagt Susanne Schulenburg, kaufmännische Direktorin des Museums. "Für uns ist das Stück von unschätzbarem Wert." Es dürfte nach ihren Worten zu den kostbarsten Stücken des Hauses gehören. Der Gedanke, dass die unbekannten Diebe das Diadem möglicherweise nun in seine Einzelteile zerlegen und einschmelzen beziehungsweise die Steine einzeln verticken, ist für die Kuratoren ziemlich schrecklich.

Vor wenigen Wochen erst verschwand im Berliner Bode-Museum eine riesige Goldmünze im Wert von 3,8 Millionen, fachmännisch mithilfe einer Leiter von Profis entwendet und mit einer Schubkarre abtransportiert. Die Täter auch hier: unbekannt. "Hundertprozentigen Schutz gibt es nicht", sagt Eckart Köhne, Präsident des Deutschen Museumsbundes - und Direktor des nun ebenfalls bestohlenen Badischen Landesmuseums. "Solche Fälle sind selten und sehr ungewöhnlich - aber sie werden immer wieder passieren." Prinzipiell seien die Sicherungssysteme der Museen aber hinreichend. Statistiken zur Zahl von Kunstdiebstählen gebe es nicht.

Die Vorkehrungen des Landesmuseums gegen Raub entsprächen internationalen Standards, fügt Schulenburg hinzu. Darunter sei allgemein eine 24-Stunden-Überwachung des Hauses zu verstehen sowie technische Systeme - das können Alarmanlagen sein, Lichtschranken, Schließsysteme. Details nennt sie naturgemäß nicht.

Auch zum Sicherheitspersonal oder zu dem Budgetposten, den Alarmsysteme jährlich prozentual ausmachen, gibt es keine belastbaren Zahlen. "Das hängt ohnehin immer von den Räumlichkeiten ab, von der Größe der Museen und natürlich von den Objekten selbst", sagt Köhne. Fest steht nach Worten von Axel Burkarth, Leiter der baden-württembergischen Landesstelle für Museumsbetreuung: "Wer seine Kunstwerke versichern will, muss sie natürlich entsprechend anerkannter Standards sichern."

Er kann trotz dieser beiden jüngsten spektakulären Fälle in Berlin und nun Karlsruhe keine Zunahme von Kunstdiebstählen erkennen. Ein Restrisiko gebe es immer - zumal der Raub bedeutender und teurer Stücke zumeist auf das Konto von Profis gehe. "Aufsichtpersonal kann man ablenken und Sicherheitstechnik mithilfe anderer Technik überwinden", sagt er. "Das zu verhindern ist so, wie wenn Sie einen Bankraub verhindern wollten." Das funktioniere mitunter eben nicht. Profis stehlen seinen Angeben zufolge entweder für andere Sammler oder sie haben es auf kostbares Material abgesehen wie Gold oder Edelsteine. Bekannte Werke oder Gegenstände zu verkaufen, sei so gut wie unmöglich.

Als ebenfalls spektakuläres Beispiel für Profiräuber nennt er den Diebstahl von Nashorn-Hörnern im Südwesten vor fünf Jahren. Darauf hatte sich eine international aktive Bande spezialisiert und gezielt die Museen angesteuert, in denen solche Hörner aufbewahrt wurden. Die Räuber klauten unter anderem in Offenburg (Ortenaukreis) und Bad Säckingen (Kreis Waldshut) die als Potenzmittel begehrten Rhinozeroshörner. Die Hintermänner der Bande wurden erst 2015 gefasst.

"Diese Diebstähle sind kein Massendelikt", sagt Horst Haug, Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) in Stuttgart. Seine Behörde verfügt seit Jahrzehnten über einen "Arbeitsbereich Kunst- und Kulturgutkriminalität". Den größten Teil der Arbeit dort machten aber Fälschungen aus sowie ins Land geschmuggeltes Kulturgut etwa aus Ausgrabungen im Ausland.

In Sachen verschwundenes Diadem, auch für das LKA ein herausragender Fall, seien bislang Hinweise im einstelligen Bereich eingegangen. "Wir haben berechtigte Hoffnung, das Stück wiederzubekommen", sagt er. Mehr verrät er nicht und auch Staatsanwalt Tobias Wagner hüllt sich in Schweigen. Nur soviel ist klar: Die Vitrine wurde nicht zerschlagen; ihr ist nichts anzusehen.

Museumschef Köhne trauert. "Mich trifft das sehr", sagt er. "Als Museumsmann ist man angetreten, das Erbe zu zeigen aber auch zu schützen." Er hofft darauf, dass das Diadem bald wieder da ist. Solange bleibt der Platz in der Vitrine leer.