Schau in den Serpentine Galleries

Schön auch mit Bart

In London spielt "Das Institut" Verkleiden und Verwirren

Wie würde Hilma af Klints Werk aussehen, hätte sie 100 Jahre später gelebt – postmoderne Identitätskrise, Institutionskritik und Deklaration des Anthropozän eingeschlossen? Wer weiß – man wünscht ihr jedenfalls, sie hätte ebenso viel Spaß bei ihrem Schaffens prozess gehabt wie das kongeniale Künstlerinnenduo Kerstin Brätsch und Adele Röder, auch bekannt als Das Institut.

Es ist kein Zufall, dass die schwedische "Pionierin der Abstraktion" zeitgleich zu der Ausstellung von Das Institut in den Serpentine Galleries mit einer monografischen Schau geehrt wird. Ähnlich wie af Klint experimentiert das Duo mit den Grenzen des Sichtbaren und findet dabei zu einer ganz eigenen Form- und Materialsprache, deren Humor sowie eigenwillige Ästhetik sofort begeistern. Zitat, Collage sowie das subversive Spiel mit Zuschreibungen sind hierbei Programm. 2007 in New York von Brätsch und Röder gegründet, arbeitet das multimedial agierende Kollektiv gegen die simplen Labels und die Wiedererkennungsfixiertheit des Kunstmarkts an. Die Künstlerinnen wagen dabei den Spagat zwischen zwei eigentlich unvereinbaren Polen: der Faszination für mystizistischen Symbolismus und der Kritik traditioneller Repräsentationsklischees des Körpers.

In der Serpentine Sackler Gallery empfangen den Besucher zwei riesige bunte Brüste aus Halogenröhren. Adele Röders Licht installation "Comcorröder Breast, Totem (Part Five), C-Component and Umlaut"(2010/15) unterwandert die nüchterne Ästhetik eines Dan Flavin zugunsten eines ungewöhnlichen Zeichensystems, das sich durch die gesamte Ausstellung zieht. Ihre ironischen Hieroglyphen stecken voller sexueller Anspielungen und ethnografischer Verweise und geraten so zu einem visuellen Formspiel postmoderner Sprachkritik.

Hinzu gesellen sich die großformatigen Arbeiten von Kerstin Brätsch, deren Malerei auf einem komplexen Abdruckverfahren von Marmoriertechnik beruhen. Ihre Technik gleicht einem alchemistischen Prozess, der von dem individualistischen Gedanken des Künstlerduktus befreit ist. Auch hier sei bei der Produktion die Idee des Kollektivs maßgeblich, wie die Künstlerin beim artist talk mit Kurator Hans Ulrich Obrist am Eröffnungsabend betont. Ergänzt wird die Schau von kollaborativen
Arbeiten, wie der Diaprojektion "When You See Me Again It Won’t Be Me" (2016). Die von Kathrin Sonntag fotografierten 80 Dias zeigen Selbstporträts der beiden Künstlerinnen, deren humorvoller Inszenierungseifer von Pieter Bruegel über Marcel Duchamp und Cindy Sherman bis zu Kleopatra reicht.