Philippe Parreno beschäftigt in Zürich Monster, um Licht und Materie zu jagen

Wo gehen eigentlich die Bilder hin, wenn das Licht des Projektors verlischt?

Manchmal verschwinden sie für immer, lautet die überraschende Antwort von Philippe Parreno. Die DVD mit „The Boy From Mars“, die er vor Jahren in der New Yorker Galerie Friedrich Petzel verteilte, löste sich 48 Stunden nach Benutzung auf. Tragisch für die Besucher, denn der Film ist wunderschön. Aber glücklicherweise doch nicht zerstört: Im letzten Raum von Parrenos Einzelausstellung „May“ in der Kunsthalle Zürich läuft er wieder. Wenn man ihn erreicht, hat man schon einen ganzen Parcours von Lichtspielen absolviert und zahlreiche Glühbirnenarrangements hinter sich gebracht, die die klassische Ästhetik von Kinosälen zitieren.


Eine ganze Weile bleibt zu flackernden Blitzen die Leinwand leer, bevor ein geheimnisvolles Gebäude, das irgendwo in Südost­asien steht, erscheint. Lang gestreckt und transparent, ist es nichts anderes als Kulisse, extra gebaut für den Film. Und der wiederum ist nichts als ein Spiel mit Natur- und Kunstlicht und dem Geheimnis des Sehens: Es dämmert, die Lampen im Haus gehen an, und der Wasserbüffel, der schließlich ins Bild kommt, scheint blind zu sein.


Der Pariser Parreno, 1964 in Algerien geboren, verbindet in seinen Arbeiten Fotografie, Installation und Zeichnung mit Film und Theater, Cartoon und Science-Fiction. Er mag Kollaborationen; bekannt wurde sein Manga-Projekt mit Pierre Huyghe. In der Schweizer Retrospektive sind Huyghe und viele andere Künstlerfreunde ebenfalls mit dabei. Allerdings als Marionetten, die gleich im zweiten Raum in der Ecke sitzen wie etwas unheimliche Gäste. Doch auch eigenständig hat Parrenos Schaffen eine große Qualität, wie diese Werkschau zeigt, deren weitere Teile im Centre Pompidou in Paris, ab Herbst in Dublin und Anfang 2010 in New York stattfinden.
Philippe Parreno stellt mit seinem Technik- und Genremix angenehm undidaktisch Grundfragen der Kunst, nämlich die nach Licht und Materie, und lässt dabei alle möglichen Monster mitmachen. Nicht zuletzt erklärt er in einer fantastischen Installation, woher die Sprechblasen in den Comics stammen. Sie füllen als schwarze, heliumgefüllte Ballons wie seltsame Insekten die Decke des Museumsraums und warten, bis die Worte schwer genug werden.

 

Kunsthalle Zürich, bis 16. August;

Centre Pompidou, Paris, bis 7. September.

Irish Museum of Modern Art,Dublin,

4. November bis 24. Januar 2010.

CCS, Bard College, New York, Frühling 2010