Na ditte hat sich ja gelohnt!



Jochen Meyer, Thomas Riegger

Haben sich Ihre Hoffungen mit dem Umzug erfüllt?
Wir haben schon immer das diskursive Klima Berlins geschätzt, und unser Anliegen, an diesem teilzuhaben und sich produktiv einzubringen, hat sich bisher auch erfüllt. Es war uns bewusst, dass Berlin als Marktstandort nicht mit New York oder London zu vergleichen ist, dafür aber eher inhaltlich ausgerichtete Qualitäten bietet. Es ging uns folglich um die Wechselbeziehung von Kunstinstitutionen, Galerien und Künstlern, welche eigene Subkulturen hervorbringt und auch uns immer wieder zu neuen Ideen und Kooperationen inspiriert: Wir wollten von Beginn an die Bedingungen vor Ort reflektieren, in unsere Arbeit integrieren und nicht einfach wie ein Raumschiff in der Stadt landen. Die Stadt entwickelt sich aber auch als Kunstmarktstandort ständig weiter, was vor allem auch durch Veranstaltungen wie das Gallery Weekend und ABC gefördert wird.

Lohnt es sich für Sie auch finanziell, in der Stadt zu sein?
Bei der Entscheidung, nach Berlin zu gehen, ging es in erster Linie darum, mit der Galerie und ihrer Vision einen nächsten Schritt zu gehen. Trotz des finanziellen Mehraufwands mit der Eröffnung der Berliner Räume haben sich auch unter Berücksichtigung der Finanzkrise unsere finanziellen Ansprüche erfüllt, sodass wir hoffnungsvoll in das Jahr 2010 gestartet sind.

Philomene Magers

Haben sich Ihre Hoffungen mit dem Umzug erfüllt?
Ja, in jeder Hinsicht – ehrlich gesagt, besser als erwartet!

Wie beurteilen Sie die Kunstszene der Stadt – welche Vorteile oder Nachteile sehen Sie?
Viele Künstler und Kuratoren – sicher die höchste Diskursebene über Kunst, die man in Deutschland haben kann!

Lohnt es sich für Sie auch finanziell, in der Stadt zu sein?
Auf jeden Fall!

Aurel Scheibler

„Wer nach drei Jahren wie eine beleidigte Leberwurst Berlin den Rücken kehrt, hat selber Schuld. Dass in Berlin kaum Sammler internationalen Kalibers wohnen, weiß man seit Jahrzehnten! Dass die Berliner Institutionen kaum einen Etat haben, weiß man seit Jahrzehnten! Dass Berlin für jeden 100 und mehr offene Arme hat, weiß man und schätzt es! Dass Berlin für jeden internationalen Sammler und Museumsleiter ein Muss ist, verdanken wir der kulturellen Vielfalt und Lebensqualität dieser Stadt. Dass Berlin eine der quirligsten Kunstszenen der Welt hat, verdanken wir Berlins (im internationalen Vergleich) mäßigen Mieten.
So konnte eine Club- und Subkultur, so konnten viele Künstler und Galerien hier ein Zuhause finden. Dass in Berlin noch immer der Restgeist einer geteilten Stadt mit Entscheidungen in Stadtteildimension vorhanden ist, ist auch bekannt. Wir Zugezogenen sorgen dafür, dass sich dies so langsam auf internationales Niveau schaukelt und ändern kann. Danke Berlin, du bereicherst mein Leben und langfristig sicherlich auch mein Konto!“

Jörg Johnen

„Nach einem Jahr in Berlin als Hauptwohnsitz ist es vielleicht noch etwas zu früh, um Bilanz zu ziehen, aber bis jetzt kann ich nur sagen, dass es definitiv die richtige Entscheidung war. Die Resonanz auf meine Arbeit ist hier wesentlich größer. Es kommen mehr Menschen zu den Eröffnungen, es gibt mehr Presse, interessantere Kontakte, und voriges Jahr hat der Hamburger Bahnhof ein Hauptwerk von Robert Kusmirowski erworben.
Das Museum Ludwig hat sich nie für meine Arbeit interessiert, da ich nicht zum Kölner Klüngel gehörte. Außerdem habe ich mitten in der Stadt ein wunderbares Haus gefunden, das ich mir sonst in keiner anderen Großstadt hätte leisten können. Allerdings muss ich hier härter arbeiten.
Die Kunstszene ist hier vielfältiger, anregender und offener als in Köln. Es kommen auch mehr Künstler, Kuratoren und Kritiker aus aller Welt, sodass die Stadt auch eine ideale Plattform für Kontakte und Diskurse bietet. Einige meiner Künstler leben hier, und viele hatten und haben Stipendien in der Stadt, wie Rodney Graham, Roman Ondák oder zurzeit Tim Lee. Und alle sind begeistert und überlegen sich zu bleiben. Das große Angebot an Sex and Drugs ist sicher eine Gefahr für viele junge Künstler und färbt auch auf den Lifestyle ab, doch die bekannten ‚Gefahren der Großstadt‘ gehören dazu, sonst wäre es eben keine Metropole.
Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass es hier wenig finanzielles Potenzial gibt. Berlin befindet sich in einer Aufbausituation und das wahrscheinlich noch recht lange. Es fehlt eine größere etablierte Gesellschaftsschicht, Berlin gleicht eher einem Jugendclub. Das bedeutet, dass alles flippiger, flexibler und offener ist. Doch beides, die Stadt mit Pubertätsproblemen einerseits, die tollen Hotels, Museen, Galerien und guten Restaurants andererseits, lockt viele finanzkräftige Besucher. Plus Messen und internationale Kontakte – das reicht aus, um hier gut über die Runden zu kommen.“

Wilma Tolksdorf

„Wir haben nach der Eröffnung 2005 in Berlin neue Sammler und Kuratoren kennengelernt und konnten von hier aus auch unsere internationalen Verbindungen zu Museen und Institutionen intensivieren.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in Berlin solche Beziehungen informeller entstehen. Die Kunstszene ist sehr vielfältig, man trifft sich, es gibt Gespräche, Anregungen, Diskussionen, es inspiriert zu neuen, gemeinsamen Projekten. In dieser Hinsicht ist Berlin einzigartig. Auch unsere Künstler beurteilen den zusätzlichen Standort positiv – es gibt größere Resonanz auf ihre Ausstellungen. Nicht zuletzt bedeutet die neue Dependance auch für die Freunde der Frankfurter Galerie einen Gewinn: Sie reisen gerne nach Berlin.
Es war alles in allem die richtige Entscheidung, in Berlin die Räume zu eröffnen.“