Düsseldorf (dpa) - Der Kunstberater Helge Achenbach steht im
Verdacht, auch den Pharma-Unternehmer Christian Boehringer betrogen
zu haben. Boehringer sei Kunde von Achenbach gewesen, der
Kunstberater habe ihm den Schaden bereits erstattet, sagte ein
Sprecher Boehringers am Mittwoch auf Anfrage. Der Unternehmer stehe
den Ermittlern als Zeuge zur Verfügung. Die angebliche Schadenshöhe
von 1,2 Millionen Euro, die das «Handelsblatt» nennt, bestätigte der
Sprecher nicht.
Eine Schadenswiedergutmachung mache eine Straftat nicht ungeschehen,
sagte eine Sprecherin der Essener Staatsanwaltschaft. Die Ermittler
schließen nicht aus, dass sich der Kreis der potenziellen
Betrugsopfer noch erheblich vergrößert. Es könne «durchaus weitere
Geschädigte geben», sagte die Sprecherin. «Nach den
Veröffentlichungen der vergangenen Tage werden viele Achenbach-Kunden
ihre Rechnungen prüfen», hieß es aus Kunstmarkt-Kreisen. Achenbachs
Familie hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
Die Ermittler nennen weiterhin weder Namen von mutmaßlichen
Geschädigten noch Schadenssummen und begründen dies mit deren
Persönlichkeitsinteressen. Die Nennung von Schadenssummen würde
Rückschlüsse auf das Anlagevolumen ermöglichen.
Boehringer und Achenbach hätten durch die Berenberg Bank zueinander
gefunden, berichtete das «Handelsblatt». Die Privatbank hatte mit
Achenbach das Unternehmen Berenberg Art Advice gegründet, das vor
einem Jahr überraschend aufgelöst worden war. Die Trennung von
Achenbach und die Auflösung der Berenberg Art Advice GmbH «ging von
uns aus», teilte ein Sprecher des Geldhauses am Mittwoch auf
dpa-Anfrage mit.
Achenbach sitzt seit drei Wochen unter Betrugsverdacht in
Untersuchungshaft. Ein Haftrichter hatte sowohl dringenden
Tatverdacht als auch Fluchtgefahr angenommen. Die Witwe des 2012
gestorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht hatte Strafanzeige gegen
Achenbach erstattet.
Achenbach wird vorgeworfen, Kunstwerke und Oldtimer mit verdeckten
Preisaufschlägen weiterverkauft zu haben. Der 62-Jährige soll dazu
Rechnungen gefälscht haben. Einkaufsbeträge seien nach oben gesetzt
worden, wodurch auch die Provisionen für Achenbach gestiegen seien.
Teilweise seien «aus Dollarbeträgen Eurobeträge geworden». «Wir haben
Vergleiche vorher - nachher», hatte eine Staatsanwältin gesagt.
Nach Informationen des «Handelsblatts», das sich auf die 24-seitige
Strafanzeige gegen Achenbach beruft, summiert sich der Gesamtschaden
des mutmaßlichen Betrugs allein am Aldi-Erben auf 18 Millionen Euro.
Die Anwälte Achenbachs wollten sich nach Auskunft ihrer Kanzlei nicht
zu dem Fall äußern.
Achenbach war kurz nach Pfingsten nach seiner Rückkehr von einer
Kunstaktion im WM-Quartier der Deutschen Nationalmannschaft in
Brasilien festgenommen worden. Der international vernetzte
Kunsthändler berät seit Jahrzehnten große Unternehmen, Versicherungen
und Banken bei der Akquise von Kunstwerken. Der studierte
Sozialpädagoge gilt als einflussreicher Netzwerker mit einem guten
Gespür für Kunst.