Freiluftausstellung "Kunst im Untergrund - Mitte in der Pampa"

An den Rändern von Berlin

Die Berliner Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) lud erneut zum Wettbewerb "Kunst im Untergrund". Unter dem Titel "Mitte in der Pampa" sind nun im Bereich der U-Bahnlinien 5 und 55 ortsbezogene künstlerische Arbeiten zu sehen. Monopol sprach mit den Künstlerinnen Valeska Peschke und Diana Lucas-Drogan, über das Projekt

Valeska Peschke, Diana Lucas-Drogan, welche Idee steckt hinter "Mitte in der Pampa"?
Valeska Peschke: Wir versuchen, das Planen der Stadt, das meistens von Berlin-Mitte ausgeht und wesentliche Auswirkungen auf die Randbezirke Berlins hat, umzukehren und zu sehen, wie es aussieht, wenn man am Rand steht - und gleichzeitig dort in der Mitte.
Diana Lucas-Drogan: Pampa hat immer auch etwas mit Peripherie zu tun. Ich war nie eine Freundin dieses Begriffs, aber ich glaube er kann auch positiv sein. Was außerhalb liegt, wird nach innen gerückt. Ich würde Pampa auch als Freiheit sehen, als Raum, der Möglichkeiten bereithält. Und dass wir dort noch die Möglichkeit haben, uns einen Platz auszusuchen.

Zentraler Austragungsort ist eine Brache in der Nähe des U-Bahnhofs Cottbusser Platz, die von der NGBK "Place Internationale" genannt wurde. Warum?
Peschke: Der Name geht auf den französischen Maler Gustave Courbet zurück, der an der Place Vendôme in Paris lebte, wo Napoleons Siegessäule stand. Courbet hat die Säule gestört, da sie seiner Meinung nach zur Verherrlichung der Taten der napoleonischen Armee errichtet wurde. Nach Courbet waren die Bürger ständig mit einem übertriebenen französischen Nationalismus konfrontiert. Nichts durfte für sich, unabhängig von diesem stehen. Courbet war maßgeblich an der Zerstörung der Colonne Vendôme beteiligt. Daraufhin wurde der Platz in "Place Internationale" umgetauft und Paris erlebte eine Revolution der Stadt. In Anlehnung an die Idee, sich vom Nationalismus zu entfernen und hin zu den Bürgern zu wenden, haben wir für den zentralen Austragungsort unseres Projekts auch den Namen "Place Internationale" gewählt.

Was haben Sie, Frau Peschke, mit Napoleons Siegessäule gemacht?
Peschke: Napoleons Siegessäule bezieht sich auf die römische Säule als Symbol des heiligen Römischen Reichs, dem Zentrum Europas. Napoleon hat sich diese als Vorbild genommen, nach Paris transportiert und nachgemacht. In Zusammenarbeit mit Schülern des Melanchthon-Gymnasiums in Hellersdorf haben wir uns Szenen von der Säule angesehen und diese nachgestellt oder neu interpretiert. Aus dem Vorbild, das immer mehr verblasste, entwickelte sich eine eigene Erzählung, die aus der Interaktion mit anderen entstand.

Frau Lucas-Drogan, Ihr künstlerischer Beitrag zu "Mitte in der Pampa" heißt "Haut von Hellersdorf". Wie ist das Projekt entstanden?
Lucas-Drogan: Das Projekt ist mit Studierenden der Alice-Salomon-Hochschule in Hellersdorf in einem Seminar über Hellersdorf entstanden. Ausgehend vom Habitusbegriff der Soziologin Martina Löw haben wir uns bei gemeinsamen Spaziergängen und Gesprächen mit Bewohnern, Initiativen und Geflüchteten aus Hellerdorf gefragt, was den Stadtteil überhaupt ausmacht. Damit sollte erreicht werden, Hellersdorf jenseits des Stigmata Plattenbau und Nazis zu definieren und ihn als Raum wertzuschätzen.

Welche Bedeutung hat die Hochschule in Hellersdorf für Sie?
Lucas-Drogan: Schon zu meiner Studienzeit war sie für mich eine Vorzeigeuniversität im Umgang mit Geflüchteten. Sie hat sich ernsthaft gefragt, wie man Geflüchtete integrieren kann. Hellersdorf sollte deswegen auch von Seiten der Geflüchteten und Leuten mit Migrationshintergrund betrachtet werden. Neben unserem Kunstraum in der Maxi-Wander-Straße gibt es eine Flüchtlingsunterkunft. Es war spannend zu sehen, wie die Menschen diesen Raum nutzen.

Wie werden die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit ausgestellt?
Lucas-Drogan: Die Gespräche werden in Linienzeichnungen und Textfragmente übersetzt und in Form von Mappings auf Kleider gedruckt. Von Hellersdorf ausgehend stellen wir Verbindungen zu all den Orten her, die in den Interviews genannt worden sind. An diesen Orten, zum Beispiel beim Fleischer oder im Jobcenter, finden dann Performances statt, bei denen die Kleider vorgeführt werden. Die Idee dabei ist, dass ein Dialog entsteht. Es soll darum gehen, die unterschiedlichen Orte aufzusuchen und sich dort völlig ungezwungen aufzuhalten.