Nach Landtagswahlen

Kulturszene beobachtet AfD-Erfolge mit Sorge

Kulturschaffende zeigen sich besorgt über die Erfolge der AfD bei den jüngsten Landtagswahlen. Sie rufen zum Widerstand auf

Die Präsidentin der Berliner Akademie der Künste, Jeanine Meerapfel, hat nach dem Wahlerfolg der AfD in mehreren Bundesländern vor der Partei gewarnt. "Diese rechtspopulistische Partei sollte in jedem Fall vom Verfassungsschutz beobachtet werden", teilte die deutsch-argentinische Filmemacherin am Montag der Deutschen Presse-Agentur mit.

Es sei kein Zufall, dass das Recht auf Asyl in der Verfassung verankert sei. Die Geschichte Deutschlands verpflichte uns dazu, Menschen aufzunehmen, die vor Krieg und Zerstörung fliehen. "Es ist perfide von der AfD, diese Verpflichtung zu banalisieren und den Menschen einzureden, unser Wohlstand sei in Gefahr."

Die AfD hatte bei den Landtagswahlen am Sonntag in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zweistellige Ergebnisse erzielt. Der Deutsche Kulturrat rief zum Widerstand gegen die AfD-Politik auf. Wenn der erste Schock überwunden sei, müssten Kulturschaffende den Forderungen der AfD so schnell wie möglich Einhalt gebieten, sagte Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann am Montag.

Die rechtspopulistische Partei will Museen, Orchester und Theater in Sachsen-Anhalt laut Wahlprogramm dazu verpflichten, einen positiven Deutschland-Bezug zu fördern. "Das ist genau das, was wir glücklicherweise überwunden haben", sagte Zimmermann. Mit Blick auf AfD-Anhänger ergänzte er: "Die müssen nicht glauben, dass wir uns das gefallen lassen."

Aus gutem Grund gebe es bislang einen Unterschied zwischen denen, die Kunst machten, und denen, die Kunst finanzierten. "Es kann nicht sein, dass die AfD diesen Konsens aufbricht", betonte Zimmermann. Als zweitstärkste Kraft im Landtag von Sachsen-Anhalt habe die Partei eine große Gestaltungsmacht - auch in der Opposition. Deswegen müsse man mit ihr genauso um Inhalte ringen wie mit Regierungsparteien.

Der prominente Theatermacher Jossi Wieler rief zur Akzeptanz des Wählerwillens auf. "Die AfD ist in das Parlament gewählt worden. Das war ein demokratischer Prozess", sagte der Intendant der Staatsoper Stuttgart der Deutschen Presse-Agentur. "Jetzt müssen die Abgeordneten dieser Partei zeigen, dass sie ein Demokratieverständnis haben, das auf der Landesverfassung fußt", sagte der Schweizer. Dazu gehöre auch die Freiheit der Kunst in ihrer Vielfalt. "Wir müssen aufmerksam sein und sorgsam darauf achten, dass dieses Grundrecht immer gilt und auch von dieser Partei respektiert wird", betonte der 64 Jahre alte Regisseur.

Der Intendant der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, forderte eine Auseinandersetzung von Künstlern und Intellektuellen mit den Rechtspopulisten der AfD. "Ich glaube nicht, dass eine Tabuisierung der AfD irgendetwas hilft", sagte er. "Künstler und Intellektuelle müssen darüber reden, warum sie die Positionen der AfD ablehnen und warum es gut ist, dass Flüchtlinge in unser Land kommen. Wir brauchen ein Votum für eine offene Gesellschaft, in der das Dazukommen zum Beispiel von Syrern und Irakern unsere Gesellschaft bereichert." Alle AfD-Wähler werde man mit Argumenten zwar nicht erreichen - "aber es gibt auch welche, die man erreichen kann". Die AfD nutze die Ängste der Menschen vor einem sozialen Abstieg aus. 

Der Chef des renommierten Hanser Verlags, Jo Lendle, erklärte: "Dass eine Partei ohne echtes Wahlprogramm und ohne Lösungsvorschläge bei einer Landtagswahl aus dem Stand auf fast ein Viertel der Stimmen kommt, lässt einen erschaudern." Deutschland müsse aufpassen, "kein von Launen getriebenes Land zu werden". Der Regisseur und Produzent Michael Verhoeven sagte: "Diese AfD ist eine 'NPD light', sie wird hoffentlich sehr bald in die Bedeutungslosigkeit verschwinden". Verhoeven hat sich in Filmen wie "Die weiße Rose" oder "Let's go" mit Themen wie Nationalsozialismus oder Diskriminierung beschäftigt.

Der Aktionskünstler Philipp Ruch vom Zentrum für politische Schönheit wertete den Wahlerfolg der AfD als "Riesenkatastrophe für dieses Land. "Was unterschätzt wird, ist der Machthunger und der politische Extremismus der AfD", sagte der 34-Jährige am Montag. Wenn sich AfD-Wähler überwiegend als Zeichen des Protest so entschieden hätten, wüssten sie nicht, wie Politik funktioniere.