Bundesweit einmaliges Projekt

Flüchtlinge studieren Kunst in Leipzig

Es begann auf Facebook und wurde zu einer Erfolgsgeschichte: Professor Rayan Abdullah von der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst gibt jungen Flüchtlingen die Chance, ihr im Heimatland begonnenes Studium fortzuführen

"Für mich ist das hier wie ein Traum, den ich im Irak nicht hätte verwirklichen können." Der ehemalige Student der Malerei an der Hochschule in Mossul Raisan Hameed (25) hat nach seiner Flucht die Chance erhalten, an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig weiter zu studieren. Zu Beginn des Wintersemesters ging es los. Ermöglicht hat das Rayan Abdullah, Professor für Typographie, der an der HGB die "Akademie für transkulturellen Austausch" gegründet hat. Diese sei ein bundesweit einmaliges Projekt, unterstreicht das sächsische Wissenschaftsministerium.

Die Akademie besteht aus einem maximal viersemestrigen Programmstudium - mit der Möglichkeit, nach Erreichen des entsprechenden Niveaus der deutschen Sprache jederzeit in das reguläre Diplomstudium zu wechseln. Die Idee entstand in Anlehnung an die bereits etablierte Brücke in die arabische Welt durch den Austausch mit der Designfakultät der Deutschen Universität Kairo, deren Gründungsdekan Abdullah war. "Wir wollten einen Weg bereiten für die Menschen aus Städten wie Mossul, Damaskus oder Aleppo, die wegen des Kriegsgeschehens dort flüchten mussten", berichtet der Professor.

Bei der Kontaktaufnahme zu möglichen Bewerbern spielte das Internet eine entscheidende Rolle: Auf einer Facebook-Seite wurde über das Angebot informiert, über die Plattform liefen auch viele Kontakte zu Hochschullehrern an den Herkunftsuniversitäten der Geflüchteten. "Damit stellten wir sicher, dass die Bewerber, die ja häufig keine Unterlagen über ihr Studium vorlegen konnten, auch tatsächlich dort studiert hatten", sagt Abdullah.

Hameed ist dankbar dafür, dass er jetzt in Leipzig Fotografie studieren kann. "Die Aufnahmeprüfung war allerdings sehr schwer", sagt er. Das war aber auch so gewollt, unterstreicht Abdullah: "Wir haben den dreitägigen Eignungstest sehr streng bewertet, weil wir keine Qualitätsverschiebung haben wollten." Knapp 30 Bewerber durften sich der Aufgabe stellen, 15 erhielten schließlich eine Zusage.

Unter ihnen ist auch Sara Saleh, die an der Universität Damaskus Kunst studierte. "Ich finde es sehr interessant, die Unterschiede zu betrachten", sagt die 23-Jährige. Sie war nach ihrer Flucht zunächst in Berlin und wurde auf die Facebook-Seite der Akademie aufmerksam. Nun sitzt sie im Kreise ihrer neuen Kommilitonen in einer der Werkstätten der HGB. "Wenn ich neue Erfahrungen machen kann, dann bin ich am richtigen Ort", stellt sie zufrieden fest.

Noch gibt es viele offene Fragen: Wird es den Geflüchteten möglich sein, Bafög zu erhalten? Wo können sie wohnen? Wie kann das Studium finanziert werden? Bei Behördengängen hilft ihnen derzeit eine Gruppe von zwölf Studierenden. "Die kommen aber an ihre Grenzen, weil sie sich ja auch um ihr eigenes Studium kümmern müssen", sagt Abdullah. Sein eigenes Engagement begründet er damit, dass ihm Deutschland sehr viel gegeben habe und er nun etwas zurückgeben möchte.

Kasia Fudakowski mit anonymer Begleitung