Phillips de Pury, London

Führt Bürger und Rebellen zusammen

Dass der Auktionator Simon de Pury ein Faible für Popmusik besitzt, sollte sich rumgesprochen haben. Gelegentlich unterhält er als DJ die Menge, beteiligt sich an obskuren Eurodance-Projekten, und selbst wenn er bei Auktionen hinter dem Pult steht, denke er bei seinen rhythmischen Ausrufungen und  Anfeuerungen an Rap, sagt er. Am Samstag wird er mehr denn je dazu Anlass haben: Die Auktion "Musik" bei Phillips de Pury & Company wird - und das gab es bei großen Versteigerungen noch nie - mit Livemusik unterlegt sein. Der britische Produzent Matthew Herbert webt eigens für die Veranstaltung einen Soundteppich.
 
Zum Aufruf kommen 231 Lose, die eine kleine Kulturgeschichte der Popmusik erzählen: Gegenstände von Popstars, Gegenwartskunst mit Bezug zu Musik, Coverdesign, Editionen und Fotografen, etwa von Mario Testino, David LaChapelle oder den unvermeidlichen Anton Corbjin, Aufnahmen auf denen die Unsterblichen in zeitlosen Sphären posen, promiskuitiv, gelangweilt und losgelöst von jeder Lebenswirklichkeit wie antike Götter.
 
Natürlich ist auch Michael Jackson dabei, als Warhol-Druck, als Skulptur und mit autografischen Textentwürfen. Besonders die in dieser Auktion aufgerufenen handschriftlichen Blätter zeigen, wie ununterscheidbar nahe sich Kunst und Reliquienkult kommen können. Versteigert werden etwa auch Kritzeleien von John Lennon und Paul McCartney oder eine Zeichnung von Pete Doherty, ein Selbstporträt aus Graphit und Blut. 
 
Die Hip-Hop- und R&B-Kunst, die hier angeboten wird, dämpft ein wenig das rockistische Authentizitätsgehabe aus Schweiß und Blut. Wunderbar verbildlicht hat Johannes Wohnseifer diese diskretere Art der Verehrung, die Hip-Hop in guten Momenten ermöglicht: Er versteckte eine großformatige Fotografie der Sängerin Beyoncé Knowles unter Lochblech, das den Blick auf die Schönheit rastert und den Star noch unechter wirken lässt, als er es ohnehin ist.
 
Für Oktober 2008 hatte Phillips de Pury in New York eine Auktion angekündigt, auf der rund 70 extravagante Kettenanhänger, Ringe, Uhren und andere Pretiosen von HipHop-Größen versteigert werden sollten. Die Veranstaltung „Die Kronjuwelen des HipHop“ wurde dann aber wegen eines Rechtstreits abgesagt. Der Prunk hätte ohnehin nicht in diese turbulenten Wochen gepasst. Die jetztige Auktion ist mehr Indie als Mainstream, aber ein paar Schätze, die für die Kronjuwelen-Auktion angekündigt waren, kommen nun endlich doch zum Aufruf, etwa die Augenklappe des Ex-Knackies Slick Rick. Sie ist mit farbigen Diamanten besetzt, so dass die Edelsteine ein Camouflage-Muster ergeben. Eines Tages, vielleicht am Samstag, werden wir MC Simon de Pury bestimmt mit derlei extravagen Accessoirs ausgestattet sehen. Für die Liebe zur Musik, die ja bekanntlich aus Bürgern Rebellen und aus Rebellen Bürger macht.
 
 
 
Weitere Informationen unter www.phillipsdepury.com