Kraftwerk-Retrospektive in Düsseldorf

Erster Heimauftritt seit über 20 Jahren

Die weltweit als Pionierin der elektronischen Musik gefeierte Gruppe Kraftwerk tritt erstmals seit über 20 Jahren in ihrer Heimatstadt Düsseldorf auf. Im Januar führt die legendäre Band, 1970 von Ralf Hütter und Florian Schneider gegründet, mit acht Konzerten an acht Abenden ihr Gesamtwerk in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen auf, wie Direktorin Marion Ackermann am Donnerstag in Düsseldorf bekanntgab. Im April war die Konzertreihe im New Yorker Museum of Modern Art (MoMa) uraufgeführt worden. Die Karten dafür waren binnen Minuten ausverkauft.

   Das chronologische Klangkunst-Spektakel startet am 11. Januar mit dem Album «Autobahn» von 1974 und endet mit «Tour de France (2003). Die Retrospektive wird mit speziell entwickelten 3D-Projektionen visuell zum Gesamtkunstwerk. Die Wurzeln von Kraftwerk lägen in der aufbrechenden Düsseldorfer Kunstszene der 1960er Jahre, «wo die Grenzen der Kunstgattungen gesprengt worden sind», so Ackermann. Bezüge zu Künstlern der europäischen Avantgarde, zum Konstruktivismus und Minimalismus, seien bei Kraftwerk unübersehbar.

   Von der Urbesetzung aus dem Gründungsjahr 1970 ist nur noch Ralf Hütter dabei. Mit den vier nahezu regungslosen Gestalten vor vier Keyboards schrieb deutsche Popmusik erstmals weltweit Musikgeschichte. «Diese Gruppe war extrem einflussreich; für die Musikszene, aber auch für die Kunst», schwärmte MoMa-Chefkurator Klaus Biesenbach.

   Die Düsseldorfer Avantgarde-Musiker gelten inzwischen als Begründer der elektronischen Musik. Ihr minimalistischer Synthesizer-Sound war bahnbrechend und wegbereitend für Musikstile wie Elektro, Synthie-Pop und Techno.

   Die schon in den 1970er Jahren von Kraftwerk zelebrierte Computerisierung des Lebenswelten und der digitalen Mensch-Maschine-Beziehungen («Die Roboter») haben sich als visionäre Vorahnung bestätigt.

Erste Auftritt in Düsseldorf seit 1991
   In ihrer nunmehr 42-jährigen Bandgeschichte verschwanden die Musiker immer wieder für viele Jahre von der Bildfläche. Sie seien jeden Tag im Studio gewesen und hätten gearbeitet, beteuerten sie nach ihrer Rückkehr in die Öffentlichkeit. Im Jahr 2000 sorgte Kraftwerk bei der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover für Wirbel, als bekannt wurde, dass sie für ihren drei Sekunden kurzen Expo-Jingle 400 000 Mark kassiert hatten.

Das Lenbachhaus in München widmetet ihnen im vergangenen Herbst eine Ausstellung. Der Kurator der Schau, Matthias Mühling, schrieb damals in Monopol 10/2011: "Kraftwerk bedeutet eben mehr als nur einen Sound, der irgendwo auch irgendetwas mit der Musikhistorie zu tun hat. Kraftwerk sind von Anfang an ein Gesamtarrangement, das die durch die Weltkriege unterbrochenen Avantgarden fortsetzt. Hier hören wir nicht nur ganz neue Klänge, wir beobachten ein gestalterisches Werk, das Bilder und Musik, Individualitätskonzepte, Performance und Medienreflexion zusammendenkt."

   Im Frühjahr hatten die Toten Hosen mit ihrer Coverversion von Kraftwerks «Das Model» (1982) eine Hommage an die Elektronik-Bastler veröffentlicht. Der Auftritt in der Kunstsammlung des Landes Nordrhein-Westfalen ist der erste in Düsseldorf seit 1991. Pro Konzert sind 870 Zuschauer zugelassen. (dpa/monopol)

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