Erdkunde mit Klaus Biesenbach

Wenn es an der Ostküste der USA richtig stark regnet oder schneit, wird das Wetter gleich zur Naturkatastrophe erklärt. Aber so unvorbereitet die traditionell sturmgeplagte Stadt New Orleans gegen den Hurrikan Katrina war, so unfähig sind große Städte hier, mit extremem Wetter umzugehen. Tunnel werden geschlossen, U-Bahnen überflutet, selbst in Neubauten regnet es hinein.
Vor meiner Reise von New York nach Pittsburgh war so eine Regennacht. Am Flughafen angekommen, wird mir klar, dass ganze Familien nicht aus Spaß auf dem Boden übernachten. Doch der Regen hat aufgehört, und unser Flieger kann sogar ohne Verspätung starten.


Pittsburgh. Die Stadt, in der Andy Warhol geboren wurde. Aber auch die Stadt, die er verlassen musste, um in New York leben und arbeiten zu können. Bis in die siebziger Jahre war es das amerikanische Ruhrgebiet mit florierender Industrie. Die Familie Carnegie war Gönner für alle Gebäude, die groß und wichtig erschienen, ein kathedralenähnlicher Wolkenkratzer wurde errichtet, um der Stadt mit den vielen Brücken ein Gesicht zu geben.

 

Hier hat das Andy Warhol Museum seinen Sitz, von hier aus wird sein Nachlass verwaltet. Auf mehreren umgebauten Fabriketagen werden die verschiedenen Kapitel in Warhols Arbeitsphasen ausgestellt, „Time Capsules“, Interview Magazine, „Brillo Boxen“, die „Silver Pillows“ und Schwarzweißfilme aus seiner Silver-Factory-Zeit in den sechziger Jahren. Das Video seiner schlafenden Mutter habe ich noch nie gesehen. Auch ansonsten ist seine Mutter omnipräsent. Doch auch sie kehrte Pittsburgh den Rücken, um bei ihrem Sohn in Manhattan einzuziehen.


Das Warhol Museum ist Teil des Carnegie Museum. Von Dinosauriern, antiken Tempeln bis zur aktuellen Kunst zeigt es die visuelle Welt und veranstaltet das amerikanische Äquivalent zur deutschen Documenta, die Carnegie International. 1896 fand sie zum ersten Mal statt, sie soll weltweit „the old masters of tomorrow“ finden, ausstellen und wenn möglich für das Museum erwerben. Die diesjährige, imposante Schau hat Douglas Fogle zusammengestellt, ehemals Kurator am renommierten Walker Art Center in Minneapolis.


Unter dem Titel „Life on Mars“ erfolgt eine Suche nach dem außerirdisch Fremden im Vertrauten. Durch Generationen von „Mondzeichnungen“ Paul Theks, Photogramme von Bruce Conner, eine grandiose Skulptur von Marisa Merz, neue Malereien der 90-jährigen Maria Lassnig, ganze Räume mit Arbeiten von Rosemarie Trockel und Mike Kelley, eine sehr präsente Installation von Kai Althoff und, in sicherer Entfernung, eine wahlverwandte Arbeit von Andro Wekua. Jüngere Positionen vertreten Haegue Yang und der Brite Richard Hughes. Fogle zeigt Parallelen und ähnliche Umsetzungen in den Arbeiten der Künstler.
Susan Philipsz bespielt das Theater des Carnegie mit einer magischen Soundinstallation, Doug Aitken projiziert auf die Fassade.


Die New York Times tat in ihrer Kritik so, als hätte man das alles schon gesehen und erlebt. Dieses Urteil tut der sehenswerten und sehr genau kuratierten Ausstellung nicht gut. Ich bin froh, dass ich den Weg nach Pittsburgh gemacht habe und komme mit vielen Notizen zurück. Es gießt wieder in Strömen. Wir müssen zu Fuß durch einen Müllraum in die Ankunftshalle wie durch das Chaos nach einem Monsumsturm. Dabei regnet es doch nur.