Georgia O'Keeffe in Wien

Farbe und Form

© 2016 Georgia O’Keeffe Museum/Bildrecht, Wien
© 2016 Georgia O’Keeffe Museum/Bildrecht, Wien

Georgia O'Keeffe "Black Mesa Landscape, New Mexico/Out Back of Marie's II", 1930

In Wien wird Georgia O’Keeffe einmal ganz unfreudianisch gefeiert

Teure Blume: "Jimson Weed / White Flower­ No. 1" (1932) erzielte 2014 den höchsten Auktionspreis, der jemals für das Bild einer Künstlerin bezahlt wurde. Jetzt ist die weiße Stechapfel-Blüte in der ersten österreichischen Retrospektive von Georgia O’Keeffe (1887–1986) zu sehen, neben vielen anderen Werken der US-Amerikanerin aus sieben Jahrzehnten. Wahrscheinlich provozieren die geöffneten Blütenkelche und manche Schädelspalte der "Skull Paintings" bei einigen Betrachtern wieder jene freudianischen Deutungen, die die Künstlerin so hasste: "Wenn die Leute erotische Symbole in meine Gemälde hineinlesen", sagte sie, "reden sie nur über ihre eigenen Verhältnisse."

Die atemberaubende Vielfalt ihres Werks müsste die alten, von O'Keeffes Mann Alfred Stieglitz beförderten Klischees eigentlich verstummen lassen. Die Schau im Wiener Bank Austria Kunstforum schlägt den großen Bogen vom koloristisch kühnen Frühwerk aus Virginia und Texas bis zu den späten Abstraktionen und Himmelslandschaften der 50er- und 60er-Jahre. O'Keeffe hatte "Sachen im Kopf, die anders sind als die, die mir irgendjemand beigebracht hat", und sie wusste diese innere Stimme mit der äußeren Welt, vor allem der Natur, malend in Einklang zu bringen.

Die visionären New-York-Bilder, die sie nach dem Börsencrash von 1929 aufgab, die fast wie musikalische Notationen wirkenden Gemälde vom Lake George, die Felsfaltenwürfe, Geweihe und Beckenknochen aus New Mexico: Wer in O'Keeffes Farb- und Formwelten eingetaucht ist, begreift, warum sie als zentrale Wegbereiterin des Abstrakten Expressionismus gilt.