Museumsneubau in Washington

Dunkle Krone, heller Blick

Es ist der Schlussstein für Washingtons National Mall, und einer der wichtigsten Museumsbauten der vergangenen Jahre. Das National Museum Of African American History And Culture ist ein Triumph, in vieler Hinsicht

Wie eine dreistöckige Krone ragt der Bau auf. Mächtig und trotzdem leicht. Dunkel, aber niemals bedrohlich. Spektakulär bricht die feine Ziselierung seiner Hülle das Licht. An diesem Samstag wird Barack Obama das National Museum Of African American History And Culture eröffnen, als erster schwarzer Präsident der USA. Erste Einblicke sind spektakulär.

Wie sehr dieses Museum auch ein politisches ist und wie brandaktuell sein Hintergrund, dafür reicht dieser Tage ein Blick auf den Aufruhr in Charlotte und die Proteste gegen Polizeigewalt in anderen Städten. Es ist Museum und Mahnmal in einem.

Von welcher Seite sich der Besucher dem Bau an Washingtons National Mall, "Amerikas Vorgarten", auch nähert: Er wird es erst spät sehen. So erhaben der Bau aus der Nähe ist, die Vorschriften für den letzten Bauplatz im großen, über 200 Jahre alten Masterplan L'Enfants waren extrem streng. Mehr als die Hälfte des Neubaus mit dem wenig klingenden Namen NMAAHC liegt unter der Erde.

Lonnie Bunch (63) ist erschöpft und fröhlich, als er durch den Bau führt. "Als ich vor elf Jahren den Posten des Museumsdirektors übernommen habe, hatten wir ein einziges Artefakt. Wir hatten kein Geld, aber wir brauchten viel. Wir hatten nur eine Vision."

Über viele Jahre wurden mehrere Sammlungen kuratiert, Tausende Gegenstände aus den ganzen USA zusammengetragen, sehr oft aus Privatbesitz. Die Geschichte der Sklaverei, eines der dunkelsten Kapitel der amerikanischen Geschichte. Persönlich, detailreich, große Linien, einzelne Schicksale.

Wer die dunklen Gänge im tiefsten Geschoss verlässt, ihre Lederpeitschen und Ketten, die Bilder wie Vieh verkaufter Familien, den offenen Sarg des 1955 in Mississippi mit 14 Jahren grauenhaft ermordeten Emmett Till, dürfte das schwerlich unbewegt tun.

Es ist ein weiter, weiter Bogen, der dann die Überwindung der Sklaverei im Bürgerkrieg und den Weg aus dem Rassismus zusammenbringt mit sozialen Bewegungen, mit Black Power, Malcolm X, mit Martin Luther King, schwarzen Soldaten in den internen und externen Kriegen dieses Landes - und schließlich dem ersten schwarzen Präsidenten der USA.

Didaktisch ist das oft einfach glänzend gelöst, vielleicht nur manchmal etwas kleinteilig und nach Art der Smithsonian-Stiftung recht gegenstandsbezogen. US-Medien merkten an, die verschiedenen Ausstellungen seien zu wenig abgegrenzt, liefen zu wenig trennscharf ineinander. Der Besucher wisse in all der Fülle an Geschichte und Geschichten schlicht nicht immer, wo er lang müsse.

Politische Historie und Kulturgeschichte sind in diesem Glaskubus absichtsvoll verwoben. Leid, Trauer und Schmerz; Kraft, Fröhlichkeit und Zuversicht. In unerschrockenem Symbolismus zitiert die Silhouette des Baus eine Krone der westafrikanischen Yoruba, seine kunstvoll durchbrochenen Bronze-Aluminiumbänder die feinteiligen Eisenarbeiten der Sklaven in New Orleans oder South Carolina. Der ghanaisch-britische Baumeister David Adjaye dürfte mit diesem Bau endgültig zum ersten schwarzen Star-Architekten werden.

"Dieser Bau ermöglicht uns als Land, ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, was es heißt, Amerikaner zu sein", sagt Direktor Bunch. "Rassismus ist keine Frage der Vergangenheit. Offenheit, Stärke, Hoffnung: Dies ist ein Ort des Zusammenkommens." Auf keinen Fall habe er ein Haus von Schwarzen für Schwarze gewollt, werde hier doch die Identität aller Amerikaner verhandelt.

Je höher man im Haus steigt, über die dunkel und rau verputzten Wände fährt, umso heller wird es. Triumphe im Sport, Muhammad Ali. Undenkbar wäre die Sportgroßmacht USA ohne ihre dunkelhäutigen Athleten, nicht nur im Football und im Basketball, der bis heute auch hier schwärende Rassismus wird nicht verschwiegen. Heiter, lässig und cool die Räume schwarzer Musik. Jazz, Tanz, Hip Hop und Rap. Michael Jacksons Uniformjacke, Prince' Oberteil, Fantasiegewänder aus der Ära des Funk, Miles Davis und John Coltrane und immer wieder Film und Literatur - alles hängt mit allem zusammen.

Im obersten Stock, er beherbergt grandios kuratierte und gehängte bildende Kunst, öffnet sich die Hülle mit einem Mal in einen Auslass: ein triumphaler Panoramablick über die Mall. Dort drüben ragt das Washington Monument auf, liegt das Weiße Haus, ist das Lincoln Memorial zu erkennen. Wenige Orte werden von mehr Amerikanern besucht als die Identitätskoordinaten der Mall.

Mehr als die Hälfte des Museumsbudgets sind Bundesmittel, der Rest private Spenden, darunter viele von prominenten Schwarzen wie Michael Jordan. Allein Oprah Winfrey gab mehr als 20 Millionen US-Dollar, nun ist ein Saal nach ihr benannt.

Nicht einmal einen Ort gab es für das geplante Museum, als Bunch 2005 übernahm. Erste Versuche für ein Monument gehen bis 1915 zurück, 1929 setzte Präsident Herbert Hoover eine Kommission ein, sie versandete. Es war George W. Bush, der 2003 den Gesetzesakt unterzeichnete, der das Museum ins Leben setzte.

Nun ist das NMAAHC an erster Adresse zu Hause. Ein Bau, dessen kulturhistorische und politische Bedeutung für dieses innerlich immer mehr zerrissene Land gar nicht hoch genug einzuschätzen ist.