Istanbul Art Week

Die Schönheit des Fehlers

Was sich zurzeit in den Kunstzentren abspielt, ließe sich wohl am besten mit dem Aufstieg des Warenhauses im 19. Jahrhundert vergleichen. Händler verlassen sich nicht länger auf das Einzelgeschäft. Sie schließen sich mit anderen Anbietern zusammen, um Kundschaft und Kaufkraft zu sichern. Der neue, gemeinsame Unterschlupf für Galerien, aber auch Ausstellungshäuser, Vereine und Stiftungen, die Kunstpassage der Gegenwart sozusagen, heißt in diesen Tagen „Art Week“, eine Woche voller Kunst.

Berlin hat sie im September vorgestellt. Nun zieht Istanbul nach: Die Art Istanbul findet zum ersten Mal vom 19. bis 25. November statt. Und genau wie in Berlin muss auch dem Debüt der türkischen „Kulturinitiative“, die die Kunstmesse Contemporary Istanbul anregte, mit Nachsicht begegnet werden: Bei Redaktionsschluss wurde die gemeinsame Internetseite gerade erst in Betrieb genommen, und ein Programmheft gibt es noch nicht.

Immerhin: Wer ein wenig nachforscht, wird belohnt. Es gibt nicht nur eine Messe, auch zahlreiche Ausstellungsprojekte werden eröffnet. Zum ersten Mal findet zum Beispiel eine Design-Biennale statt. Unter der Leitung von Emre Arolat und Joseph Grima werden im Istanbul Modern und einer ehemaligen griechischen Schule, die bereits das Kuratorenteam der 11. Kunst-Biennale als Ausstellungsfläche nutzte, Gegenstände zum Thema „Imperfection“ zusammengetragen. Die Architekten Arolat und Grima, der nebenbei auch noch das Architekturmagazin „Domus“ leitet, versuchen damit, der industriellen Massenproduktion den Gestaltungswillen des Designers gegenüberzustellen. Statt Perfektion sollen Objekte nun Fehler kennzeichnen, Spuren individueller Ästhetik. Dem Warenhaus der Kunst tut das mit Sicherheit gut. Denn wer möchte schon die immer gleichen Kulturgüter wiedersehen, sowohl in Berlin als auch in Istanbul dieselben Künstlernamen lesen? 

Kunstwoche 19. bis 25. November, Istanbul Design Biennial, 13. Oktober bis 12. Dezember