Deutscher Pavillon

Die Katze ist aus dem Sack

Der Eingang des Deutschen Pavillons in den Giardini der Biennale Venedig sieht schon mal sehr hübsch aus: Eine Reihe von bunten Plastikbändern hängt davor, wie ein Fliegenvorhang in einem Wochenendhaus. Sie sind in der typischen, klaren Farbpalette gehalten, in der Liam Gillick seine Installationen oft ausstattet.

Es war eine provokante Geste gewesen, dass Kurator Nikolaus Schafhausen den Briten Gillick einlud, den Deutschen Pavillon zu bespielen. Danach gab es große Reden und eine Edition, in der Gillick die unverwirklichten Pläne des Documenta-Gründers Arnold Bode aufnahm, der den faschistoiden Pavillonbau durch einen modernistischen Entwurf hatte ersetzen wollen. Und man wusste: Gillick würde sich grundsätzlich mit der Geschichte des Pavillons auseinandersetzen.

Jetzt endlich sind die Ausstellungsflächen der Biennale geöffnet– zunächst für Journalisten und Fachbesucher, ab Sonntag auch für das Publikum. So tritt man also durch den bunten Anti-Fliegen-Vorhang – und steht in Liam Gillicks Küche. Genauer: Der Künstler hat die Module dieser Küche – einer typischen Einbauküche mit Ober- und Unterschränken – in Serie aus hellem Fichtenholz nachbauen lassen und diese Installation durch den gesamten, ansonsten unveränderten Pavillon mit seinem Haupt- und den zwei Nebenräumen gezogen. Und oben auf einem der Schränke sitzt die Nachbildung einer Katze, die eine – durch das Echo im Raum etwas schwer verständliche – Geschichte erzählt.

Die Geschichte handelt von ihr selbst, von Kindern, die mit ihr sprechen wollen, davon, dass die Katze manchmal nicht reden will. „Aber jetzt wollen alle ihre Meinung hören zur Geschichte totalitärer Architektur oder zur Kreditrestriktion im Zusammenhang gescheiterter Modelle von Globalisierung“, heißt es an einer Stelle: Gillick, der grübelnde, zu allem auskunftsfähige Diskurskünstler ist hier offensichtlich die Katze. Und seine Lösung für das Problem, das die Architektur des Deutschen Pavillons stellt, ist eine Art Alice-im-Wunderland-Geschichte. Nur dass in seiner hellen, die Bauhaus-Reform-Küche zitierenden Ikea-Küchenwelt kein Grinsen ohne Katze, sondern eher eine Katze ohne Grinsen herumhängt: „Es sind Gebäude wie dieses, die den Menschen den Atem stehlen“, sagt die Lautsprecher-Katzenstimme an einer Stelle.

So also endet das Experiment, den Deutschen Pavillon mit Hilfe der Außensicht eines Briten zu bespielen, eher unspektakulär. Gillick versucht, gegen die geschlossene Architektur möglichst viel Offenheit zu setzen, er kontert die forciert repräsentativen Räume mit modernistischer Klarheit und bescheidenem Alltagsbezug – und mit einer gewissen Ratlosigkeit.

Gillick ist nicht der Erste, der sich in seinem Venedig-Beitrag auf die Architektur des Ortes bezieht: Joseph Beuys, Hans Haacke, Kippenbergers U-Bahn haben die Monumentalität des Raumes heftig angegriffen, Gregor Schneider hat ihn geradezu ausradiert. Vielleicht könnte man Gillicks Katze ja jetzt in die Stadt schicken und Räume suchen, in denen zukünftige Biennale-Beiträge mal wieder von anderen Dingen reden könnten als von dem Ort, an dem sie stattfinden.