Bildband der Künstlerin Jen Ray

Dekadenz perfekt

Eine Frau in High Heels versenkt eine Axt in ein blutiges Stück Fleisch. Eine Königin mit blanken Brüsten triumphiert auf einem Streitwagen mit Löwenkopf, ihre Wachen schleudern Laserstrahlen. Ein Amazonenheer zieht über fantastische Landschaften in die Schlacht, die Speere gereckt. Emanzipation klingt viel zu trocken für das, was Jen Ray in ihren kolorierten Tuschzeichnungen entfaltet.

„Ain’t We Got Fun“ hat die in Berlin lebende Amerikanerin ihren neuen Bildband genannt. Der Spaß ist bei Weitem nicht nur auf der Seite ihrer kämpfenden Heldinnen. Hier kitzelt eine Meisterin der Verführung die Schaulust der Betrachter.

Es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Raffinesse Jen Ray ihren motivischen Mix aus Popkultur und japanischer Zeichentradition, Fashion und Fantasy, Gothic und künstlichen Landschaften aufs Papier bringt. Die Akribie der Ausführung steht in lustigem Kontrast zu den entfesselten Orgien, die sie darstellt, so, wie die Makellosigkeit der Amazonen in wohlgesetzter Dissonanz zu ihrer Grausamkeit steht.

Der Gegensatz zwischen Kontrolle und Ekstase zieht sich bis in die Details, erklärt Jen Ray im begleitenden Interview. „Ich möchte die dreckige Zeitung neben dem goldenen Kleid zeigen.“ Ihre Schönheit tragen Rays Amazonen dabei wie ein weiteres Kleid. So also könnte die matriarchale Poprevolution aussehen.

Jen Ray: „Ain‘t We Got Fun“. Auf Englisch. 80 Seiten, Gestalten Verlag, 25 Euro