Wiener Ausstellung zeigt "Bowie in Gugging"

Der Popstar und die Grenzgänger

Zusammen mit der Wiener Fotografin Christine de Grancy besuchte der britische Popsänger David Bowie 1994 die psychiatrische Einrichtung und Künstlerwerkstatt Gugging. Die dort entstandenen Aufnahmen sind jetzt erstmals öffentlich zu sehen

Es war am 8. September 1994 als David Bowie und die Fotografin Christine de Grancy gemeinsam mit Künstler André Heller und dem Musik-Avantgardisten Brian Eno in die Psychiatrie nach Maria Gugging fuhren. Die Nervenklinik in der Nähe von Wien wurde 1885 als Niederösterreichische Landes-Irrenanstalt gegründet. Seit den 60er-Jahren arbeiteten dort auf Anregung des damaligen Klinikleiters Leo Navratil einige der Patienten als Künstler. Es entstand eine Künstlergruppe, deren Werke sich unter der Bezeichnung "Outsider Art" oder "Art Brut" ab den 90er-Jahren auf dem internationalen Kunstmarkt etablieren sollten.

Die Aufnahmen, die de Grancy in Gugging machte, lagen lange Zeit im Archiv der Fotografin. Einige davon sind jetzt erstmals in der Wiener Galerie Crone zu sehen. Sie zeigen Bowie umringt von Künstlern wie Oswald Tschirtner, August Walla, Johann Fischer und Johann Garber. Auf einfühlsame und zurückhaltende Weise fängt de Grancys Kamera Bowies Begegnung mit den psychiatrischen Patienten und ihren Kunstwerken ein. Der sonst so unnahbare Popkünstler wirkt auf den Bildern zurückhaltend, seine Kleidung unscheinbar. Immer wieder hält er auf einem Notizblock fest, was ihn fasziniert. Man sieht die Künstler gemeinsam an einem Tisch sitzen, Zigaretten rauchend.

Bowies Besuch in der psychiatrischen Einrichtung scheint vor allem persönlich motiviert. In der Familie seiner Mutter Peggy Jones gab es mehrere Fälle von Schizophrenie, auch sein zehn Jahre älterer Halbbruder Terry Burns war daran erkrankt. 1985 nimmt dieser sich nach mehreren gescheiterten Suizidversuchen das Leben. Seine Angst, eines Tages selbst psychisch zu erkranken, hat Bowie immer wieder in seiner Musik verarbeitet. Der Titel seines 1973 erschienenen Konzeptalbums "Aladdin Sane" ("A Lad Insane", ein verrückter Bursche) zeugt davon. Ein Jahr nach seinem Besuch in Gugging veröffentlicht Bowie zusammen mit Brian Eno das Album "Outside", in dem sie ihre Eindrücke aus der Klinik verarbeiteten.

"Im Nachhinein fragt man sich, was in David Bowie an diesem Nachmittag in Gugging vorgegangen sein mag", sagt Christine de Grancy. "Sein stiller, nachdenklicher, durchdringender Blick. Sein Schweigen, seine stummen Fragen, die sich in seinem Innersten gestellt haben mögen - all das schwebt in diesen Bildern irgendwie mit. Es war ein Tag, an dem Bowie vermutlich gar nicht anders konnte, als an seinen verlorenen Bruder zu denken."

Die 1942 in Brünn geborene Fotografin Christine de Grancy ist vor allem für ihre zahlreichen Reisedokumentationen bekannt. 1983 reiste sie erstmals in die Westsahara und dokumentierte in der Folge die Tuareg und 1987 den Freiheitskampf der Polisario. Ihr forschender fotografischer Blick und ihr Gespür für Details und poetische Alltagssituationen finden sich auch in der Serie "Bowie in Gugging" wieder.