Björn Dahlem

 

In unserer durch und durch durchschauten Welt scheint nichts mehr zu existieren, das nicht erklärbar wäre. Nur Phänomene jenseits dieses Universums geben Physikern, Astronomen, Philosophen, Religionswissenschaftlern, Science-Fiction-Autoren – und Künstlern – noch Rätsel auf. Björn Dahlem ist einer von denen, die sich mit der Architektur des Firmaments beschäftigen.
Für seine Ausstellung „The Island“ bei Guido W. Baudach hat er ein kristallines Styroporgebilde gebaut, das wie eine Kreuzung aus Orbitalstation und Caspar David Friedrichs „Eismeer (Die gescheiterte Hoffnung)“ (1823/24) aussieht. Darauf und darin drapiert sind Vitrinen mit filigranen Objekten aus Sperrholz, Pappe und Glühbirnen, die an molekulare Verbindungen, Naturmodelle oder archaisch-spirituelle Fetische erinnern, und eine igluartige Höhle mit Decke und Matratze. Das Ganze wirkt wie ein Mikrokosmos von Außerirdischen, die sich der Theosophie und okkulten Chemie verschrieben haben.
Mit Titeln wie „Himmelsglobus (Das Weltall)“, „Milchstraße“ oder „Kathedrale“ spannt er einen pathetischen Raum für Schöpfungsgedanken auf – der aber nichts erschließen will, sondern eine Atmosphäre des Nichterklärbaren freisetzt. Und das in einer poetischen Baumarktästhetik, deren dekonstruktivistischem Gestus man in den vergangenen Jahren eigentlich nichts mehr abgewinnen konnte.
Von Ironie kann bei Björn Dahlems Insel keine Rede sein. Sie paart das romantische Verständnis vom Erhabenen mit Joseph Beuys’ erweitertem Kunstbegriff, der die Antipoden Wissenschaft und Kunst nach ihrer Trennung in der Spätrenaissance wieder vereinen sollte: Die weiße, kars­tige Ebene symbolisiert den kalten, die feinen, leuchtenden Konstrukte repräsentieren den warmen Pol. Mit ihrer spirituellen Aura erscheinen sie wie gute Geister – bereit, anzutreten gegen die aufgeklärte Welt.

 

Galerie Guido W. Baudach, Berlin,
3. März bis 18. April