Gesetz zum Kulturgutschutz

Beratungsaufwand stark gestiegen

Monatelang wurde erbittert gestritten, seit einigen Monaten ist das Gesetz zum Schutz von Kulturgütern nun in Kraft. In den Bundesländern und bei den Museen steigt der Beratungsaufwand, denn viele Sammler und Leihgeber sind verunsichert

Das umstrittene Gesetz zum Schutz von Kulturgütern hat in vielen Bundesländern zu mehr Bürokratie und einem erhöhten Beratungsaufwand geführt. Dies ergab eine dpa-Umfrage. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) zieht derweil eine positive Bilanz.

Die neuen Regeln, die von Teilen der Kunstszene erbittert bekämpft worden waren, sollen die Abwanderung national wertvoller Kunst ins Ausland verhindern. Sie bedeuteten aber einen erheblichen bürokratischen Aufwand, hieß es etwa bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Die Zahl der Genehmigungsvorgänge sei um das Zweieinhalbfache gestiegen, sagte Sprecherin Tine Nehler. "Wir stellen zudem fest, dass es einen derzeit stark gestiegenen Beratungsaufwand gegenüber Kunsthändlern, Kunstfreunden und Sammlern gibt, die mit der Anwendung der Gesetzesnovelle unvertraut sind."

Auch in Baden-Württemberg verursachten die Bestimmungen einen hohen Beratungsaufwand, wie eine Sprecherin des Kunstministeriums sagte: "Unter Sammlern und Leihgebern ist eine große Verunsicherung spürbar." Von erhöhtem Bedarf, "im direkten Gespräch zwischen Museen und Sammlern Unklarheiten und mögliche Risiken auszuräumen", berichtete ein Sprecher des hessischen Kunstministeriums in Wiesbaden. Die obersten Kulturbehörden in Niedersachsen klagen ebenfalls über den bürokratischen Aufwand bei der Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen. "Es gibt Sammler, die unzufrieden sind, da viele Fragen bezüglich der Gesetzesausführung noch offen sind", sagte die Sprecherin des Kulturministeriums, Margit Kautenburger.

Das SPD-geführte Kulturministerium in Nordrhein-Westfalen sprach von einem stark gestiegenen Aufwand, da sich die Anzahl der Anträge aufgrund der genehmigungspflichtigen EU-internen Ausfuhren erheblich erhöht habe. Auch in Sachsen besteht "erheblicher Beratungsbedarf", wie ein Sprecher sagte. Sachsen-Anhalts Kulturministerium registriert ein deutlich erhöhtes Arbeitsaufkommen. Die Beratungsleistungen gegenüber Museen und Sammlungen seien erheblich mehr geworden, hieß es. "Bürokratischen Mehraufwand durch neue Antrags- und Genehmigungsverfahren" meldete auch Schleswig-Holstein.

Der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler, Kristian Jarmuschek, sieht alle Befürchtungen des Kunstmarktes bestätigt. "Sammler sind mit Leihgaben extrem zurückhaltend, um nicht ins Visier von Behörden zu geraten. Denn sie wissen: Wo Kulturgutschutz steht, ist Kontrolle gemeint", sagte er.

Dagegen entschärft nach Ansicht der Staatlichen Museen in Berlin, zuständig für insgesamt 19 Häuser, die für Museen mögliche "offene Genehmigung" auf fünf Jahre den Aufwand für Einzelfälle. Andererseits sei der Überblick über das, was ein- und ausgeführt werde, damit auch größer geworden, hieß es. Vorteile sieht auch der Bremer Kultursenator und Bürgermeister Carsten Sieling (SPD): "Mit dem Kulturgutschutzgesetz ist es nun möglich, illegalen Handel, vor allem mit Raubkunst, wirksam zu bekämpfen."

Zufrieden zeigte sich das Museum Folkwang in Essen: "Als erstes Haus in NRW haben wir sofort eine generelle und damit 'pauschale', allgemeine Genehmigung für den ausgehenden Leihverkehr für fünf Jahre beantragt und auch umgehend und unbürokratisch erhalten", sagte Kommunikationschefin Anka Grosser. 

Nach Einschätzung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat sich die Lage bei den Museen beruhigt. "Bei den zuständigen Landesbehörden haben sich zwar wie erwartet aufgrund der Neuregelungen die Anträge auf Ausfuhrgenehmigungen von Händlern und privaten Sammlern erhöht", räumte sie im dpa-Gespräch ein. "Im Gegenzug fallen aber all die bisherigen Einzelanträge der Museen im Leihverkehr fort, die bisher den Großteil des Gesamtaufwands ausgemacht haben." Anfang des nächsten Jahres soll eine "Handreichung für die Praxis" herauskommen, die Aufklärung in Zweifelsfällen gibt. Zudem wurde der Ankaufsfonds erhöht, um wichtige Bilder nach Möglichkeit in Deutschland halten zu können.