Bei „Painted!“ in Zürich möchte man Beate Günthers abstrakte Bilder streicheln

So wie man immer mal wieder gerne den Tod der Malerei postuliert, werden je nach Wetterlage auch Sterben und Rückkehr der Abstraktion ausgerufen. Die jüngste Präsentation der Züricher Daros-Sammlung zeigt, dass es sich lohnt, wenn Künstler sich um solche Trends nicht scheren. „Painted!“ heißt der Titel – Malerei mit trotzigem Ausrufezeichen.
Nach den im abstrakten Genre virulenten Farbfeldern, monochromen Leinwänden und Metallraumteilern der vorigen Jahrzehnte schafft es diese Schau, mit Kompromisslosigkeit zu überraschen. Die Werkgruppe des schon 2003 in Venedig gefeierten Argentiniers Guillermo Kuitca setzt sich beispielsweise mit der Formensprache des Kubismus auseinan-der und wirkt so spannungsgeladen, dass sie verstört. Und Richard Allen Morris aus San Diego bringt mit ausgeprägter Ironie den klassischen Pop zurück. Seine grellen, direkt aus der Tube aufgetragenen Farbstränge und Kleckse sehen aus wie freche, auf das Bild geklebte Kaugummis.
Doch die Offenbarung der Schau heißt Beate Günther. Die großformatigen, monochrom texturierten Arbeiten der 1957
in Berlin geborenen Künstlerin üben einen beinahe übernatürlichen Sog auf den Betrachter aus und kombinieren hyperästhetische Strenge mit emotionaler Wärme. Die aus einer sensibel ab­gestimmten Pigmentauswahl gewonnenen Schwarz-, Grün-, Weiß- und Beigeschattierungen formen feine Texturen, die an Schachtelhalme, Schimmelpilze oder filigranen Stuck erinnern. Wer meint, Minimalismus könnte nicht sinnlich sein, wird hier eines Besseren belehrt. Man möchte förmlich mit der Hand über die Leinwände fahren.
Bilder wie „Bagdad I“ (2004) oder „Gsot II“ (2006) bringen eine intensive Dichte in das Sehen, der man sich schwer entziehen kann. Was vielleicht an Günthers besonderer Arbeitsweise liegt, einem intellektuellen Update der klassischen Pollock-Technik. Mithilfe einer selbst entworfenen Brü­ckenkonstruktion malt sie nicht stehend, sondern auf dem Boden kniend, in einer maximalen Entfernung von 25 Zentimetern zur Leinwand. Das hat den Effekt, dass der Betrachter den Drang verspürt, genauso dicht heranzutreten und sich in den Leinwänden förmlich zu verlieren. Das Fazit: Dem totgesagten Patienten geht es gut. Lebendiger war Abstraktion selten. Daniel Schreiber

Daros Exhibitions, Zürich, bis 15. Februar 2009