„Seit meine Kunst teuer geworden ist, behandelt man mich wie Dreck“

 

Herr Moshiri, Sie wurden einmal als Jeff Koons des Nahen Ostens bezeichnet. Wie finden Sie den Vergleich?
Da hat sich jemand nicht viel Mühe gegeben, meine Arbeit zu beschreiben. Dennoch teile ich mit Koons die Kombination von Erfolg und Kitsch. Wobei ich nicht glaube, dass er ein Monopol auf Kitsch besitzt. Seinen Namen draufzupacken und eine ganze Kunstrichtung für sich zu besetzen – so einfach geht das nicht. Aber Menschen lieben Vereinfachungen. Als was ich nicht gelten möchte, ist eine zweitrangige Dritte-Welt-Version eines westlichen Künstlers.

 

 

Im vergangenen Jahr stiegen Sie zum teuersten Künstler aus dem Nahen Osten auf, bei Bonhams wurde für eines Ihrer Werke eine Million Dollar erzielt. Waren Sie sehr stolz?
Mal konnte ich es glauben, mal nicht, es war seltsam. Zugleich habe ich mich gefragt, wie man überhaupt darauf reagieren kann. Wenn man damit beginnt, sich selbst für großartig zu halten, stößt man schnell auf Hindernisse. In meinen Beziehungen zu Menschen hat sich einiges geändert. Seit meine Kunst teuer geworden ist, behandeln mich viele Leute wie Dreck.

 

 

Viele Ihrer Arbeiten sind inzwischen – Stichwort Krise – bei Auktionen durchgefallen. Wie deprimierend ist das?
Zunächst bist du fertig mit den Nerven. Du verstehst, wie fragil die ganze Sache ist. Dann beginnst du, damit umzugehen. Mir war von Anfang an bewusst, dass die Party irgendwann zu Ende sein würde. Ich wollte natürlich nicht, dass etwas so Dramatisches passiert, aber durch den Crash hat sich auch einiges zum Positiven verändert. Die Lage war ja durchaus bizarr: Viel gute Kunst wurde unter Wert verkauft und Mittelmäßiges oder Schlechtes zu teuer gehandelt; manche Künstler wachten morgens auf und haben beschlossen, Maler zu werden, weil sie damit Geld machen konnten; Sammler, Kuratoren und Kritiker entwickelten sich innerhalb einer Woche zu Experten für zeitgenössische iranische Kunst. Diese Mode war dann aber schnell vorbei. Der Auktionsmarkt ist mit Ihren Werken übersättigt.
Ich kann keinen ernsthaft dafür kritisieren, meine Arbeiten versteigern zu wollen. Was nicht heißt, dass ich nicht überrascht bin, wenn jemand für 600 000 Dollar ein Bild von mir kauft und ein Jahr später so dringend Geld braucht, dass er es wieder loswerden muss. Warum ausgerechnet immer meine Werke? Im Oktober war die Situation sehr angespannt, ich dachte, ich gehe zu meiner eigenen Beerdigung. Aber sowohl meine Soloshow bei der Frieze als auch die Auktionen in Dubai, Paris und London sind gut gelaufen.

 

 

Sie gehen ironisch mit der Ästhetik der Nouveau Riche um, werden aber auch von diesen Leuten gekauft. Heißt das, Ihre Käufer verstehen Ihre Kunst nicht?
Ich habe nichts gegen sie. Die Grenzen zwischen dem, was man kritisiert, und dem, was man mag, sind fließend. Außerdem gefällt mir der Umstand, dass nicht alle jeden Aspekt meiner Arbeiten verstehen. Es macht mir Freude, dabei zuzusehen, wie sie interpretiert werden, wer sie auf einer oberflächlichen Ebene schätzt und wer auf einer tiefgründigeren. Selbstverständlich sind meine Werke nie wahnsinnig gehaltvoll. Man muss nicht viel Bedeutung transportieren, um auf den Betrachter zu wirken. Ich glaube an die Einfachheit von Kunst.

 

 

Halten Sie all die Ausstellungen und den Handel mit Kunst aus dem Nahen Osten für angemessen, oder richtet das eher Schaden an?
Es gibt viele Parasiten. Und einige Künstler werden davon verführt, dass ihre Arbeiten in eleganten Räumen gezeigt werden. Früher fand ich das auch reizvoll. Gerade für einen Iraner war es ein Glück, wenn man in eine westliche Schau aufgenommen wurde. Vor zwei, drei Jahren noch bekam man auf diese Weise große Aufmerksamkeit – was jedoch wenig mit dem Kunstmarkt zu tun hatte. Wenn heute jemand eine Ausstellung mit Künstlern aus dem Nahen Osten organisiert, glaubt jeder, dass es nur ums Verkaufen geht.